Die Internationale Automobil Ausstellung, jetzt IAA MOBILITY genannt, ist vorbei. Die einstmalige Vorzeigeveranstaltung des Automobils hat mehr als nur tiefe Schrammen erlitten, meint Jörg Sand, Journalist und Vorstand im den wir um einen Kommentar zur IAA gebeten haben.
Vorbei sind die Zeiten, als die IAA ein Fest der Automobilität war.
2007 erreichte die Messe mit einer Millionen Besuchern ihren Höhepunkt. So gut wie jeder Autohersteller war vor Ort, die IAA war eine weltweite Leitmesse.
Der VDA (Verband Deutscher Automobilhersteller) hat als verantwortlicher Veranstalter der Messe aber einen verheerenden Job gemacht.
Seit 2019 geht es steil bergab. Der „Neuanfang“ der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in München ging bereits 2021 kräftig in die Hose und wer dachte, „schlimmer kann es nun nicht mehr werden“, sah sich kräftig getäuscht. Es geht schlechter. Viel schlechter sogar.
Für die deutschen Autohersteller scheint die IAA nur noch eine lästige Pflichtveranstaltung zu sein. Die Messestände sind so schmächtig, lieblos und einfallslos, das könnte der Autohändler an der Ecke besser.
Hinzu kommt: Es sind eh kaum noch Autohersteller vor Ort.
VW-Gruppe, Mercedes, BMW, Opel, Renault und ein paar chinesische Marken. Das wars! An 90% der Messestände gibt es gar keine Autos zu sehen, dafür Lastenfahrräder und E-Roller. Ein paar Zulieferbetriebe und Startups füllen die vier Ausstellungshallen auf. Eine Halle für Probefahrten und eine für Vorträge. Eine IAA hat jetzt was von einem Schulfest, eine Regionalveranstaltung in der Provinz.
Das Messekonzept mit den Publikumsspotts in der Stadt scheitert schon an der Stadt. Es gibt ohnehin schon viel zu wenig Parkplätze in der City und eine Großbaustelle verschlimmert die Lage ins Lächerliche. Probefahrten im Stau…? Toll!
Hinzu kommt der irre Aufwand, die Transferstrecke von der Messe in die City zu schützen. An jeder Kreuzung ein Kleinbus der Polizei, um den Ablauf vor Störern zu schützen.
Die IAA war immer eine hervorragende Einnahmequelle des VDA. Die Zeiten sind vorbei, der VDA hat 2023 sicher wieder deutlich draufgelegt. Fragt sich, wie lange er das noch machen will. Wer das Produkt, von dem er lebt, selbst nicht wertschätzt, versteht oder liebt und sich stattdessen quasi dafür schämt, der macht besser was anderes.
Es ist ja nicht so, als ob es nicht genug Autofans in Europa gibt, die sicher gerne auf eine vernünftige Automesse gehen würden.
Die Essen Motor Show beweist mit seinen über 330.000 Zuschauern, Tendenz zuletzt wieder steigend, dass es geht. Der Veranstalter weiß, dass seine Besucher das Auto emotional erleben möchten und ihre Begeisterung ihre Begeisterung ernstgenommen werden will. Die Besucher der Essen Motor Show bezahlen keinen Eintritt, um sich Lastenfahrräder anzuschauen.
Vom wichtigen Konferenzplatz ist die IAA ebenfalls meilenweit entfernt, da wird Hollywoodschauspielerin Natalie Portman eingeladen, um der Veranstaltung noch einen Stellenwert zu suggerieren. Muss die IAA sich jetzt mit hübschen Filmstars schmücken wie einst der Ruhrpott Tuner D&W mit sexy Girls auf den Motorhauben seiner Autos?
Erschreckend ist, dass nur die chinesischen Hersteller die Messe ernst nahmen. Dort hat man realisiert, dass das deutsche Auto taumelt und greift mit endsprechender Präsenz - große Messestände mit vielen Fahrzeugen und ansprechendem Personal - an.
Warum gibt der VDA sich nicht ein wenig Mühe? Kann er es als ausrichtender Verband nicht besser, oder will er nicht?
Warum nicht beispielsweise die IAA am Nürburgring austragen mit live Vorführungen und Testfahrten auf der Strecke?
Warum verzwergt sich die deutsche Autoindustrie im eigenen Land?
Warum steht man nicht zu den Fahrzeugen, mit denen das meiste Geld verdient wird? (90% Verbrenner)
Wenn die IAA ein Ausblick darauf geben will, wohin es mit der Autoindustrie gehen soll, dann wird einem angst und bange.
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