Es ist kein Plädoyer gegen ein grundsätzliches, zukünftiges Verbot gegen den Verbrennungsmotor, der auf Basis fossiler Brennstoffe klimaschädliche Abgase in die Luft bläst. Es geht vielmehr darum, solche Beschlüsse mit Augenmaß zu treffen sowie Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Anderenfalls könnte der Klimaschutz zum Jobkiller missraten, wie der Kölner Stadt-Anzeiger titelte. „Die IG Metall warnt vor einem massiven Arbeitsplatzabbau im Zuge verstärkter Anstrengungen bei Klimaschutz“, berichtete jetzt das Blatt.
Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nahm die Überlegungen der Metaller-Gewerkschaft zum Anlass, sich zu fragen: „Bis 2035 soll Schluss sein mit dem Verbrenner. Was heißt das für die Autorepublik Deutschland und für jene Landstriche, die vom alten Antrieb leben?“
Nichts Gutes, so lautete die Antwort der IG Metall. Dabei sind es weniger die Autohersteller selbst, die spätestens ab 2035 leiden werden, jenem Jahr, in dem laut Vorstellungen der EU-Kommission in Brüssel der Verkauf von Neuwagen mit Benzin-, Erdgas- oder Dieselmotor das vollständige Ende beginnen soll. Denn die Konzerne werden weiterhin Verbrenner für den Export außerhalb der Europäischen Gemeinschaft produzieren und ihr übriges Heil im Elektroantrieb suchen. Die hauptsächlich Gelackmeierten dürften die vielen Zulieferer zwischen Flensburg und Füssen, Emmerich und Eisenhüttenstadt sein.
Um ihre Befürchtungen zu illustrieren, ließ sich die IG Metall eine Grafik einfallen, in der die besonders betroffenen Landkreise durch Farbmarkierungen herausragen. Je dunkler das Blau, desto größer die befürchteten Arbeitsplatzverluste. Verständlich, dass die Gegenden um Wolfsburg, Stuttgart, Kaiserslautern und Ingolstadt besonders unangenehm auffallen. Von den derzeit gut 800.000 Jobs bei Autoproduzenten und Zulieferbetrieben könnten davon laut einer Abschätzung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) mindestens 210.000 den Bach runtergehen – fast ein Drittel.
In der FAZ heißt es dazu: „Zur Sicherung der Arbeitsplätze verlangt die IG Metall von der Politik eine ‚aktive Beschäftigungs- und Qualifizierungspolitik sowie eine moderne Industrie- und Strukturpolitik‘. Will sagen: Wenn sie den Verbrenner per Beschluss abschafft, hat sie auch für Ersatzarbeitsplätze zu sorgen.“
Dabei hören sich die Zahlen der Gewerkschaft noch weit dramatischer an. In einer Broschüre zu Fragen der CO2-Reduktion heißt es: „Die Zahl der Beschäftigten in der Automobilindustrie (nur die direkt in der Automobilindustrie beschäftigten Personen) in Deutschland ist im Zeitraum 2010 bis 2018 um 18,9 Prozent auf 833.937 gestiegen. Die Automobilwirtschaft (umfasst neben Unternehmen der Fahrzeugindustrie auch Kfz-Gewerbe und Kfz-Handel) beschäftigt rund 1,6 Millionen Menschen (2018). Zusätzlich arbeiten rund 650.000 Beschäftigte in anderen Wirtschaftszweigen, die eng mit der Herstellung von Kraftfahrzeugen und Kraftwagenteilen verflochten sind.“
Doch danach begann der Rückgang: „Der mit dem Strukturwandel verbundene Beschäftigungsabbau setzte Ende 2018 ein. In 2019 wurden in Deutschland bereits rund 11.000 Arbeitsplätze abgebaut (-1,3 Prozent). In 2020 hat sich der Stellenabbau beschleunigt fortgesetzt. Im Juli 2020 waren 801.653 Menschen in der Fahrzeugindustrie beschäftigt, dies ist ein weiterer Rückgang um 2,6 Prozent (21.220 Arbeitsplätze) innerhalb von nur acht Monaten.“
Damit sich diese Abnahme von Arbeitsplätzen nicht übermäßig beschleunigt, sagt die Gewerkschaft selbst: „Das faktische Verbot für Verbrennungsmotoren 2035 durch die Nullemissionspflicht in den Flottengrenzwerten ist unnötig. Es unterschätzt die Bedeutung, die die Verbrennungstechnologie im Übergang noch haben kann. Es ist unklug, auf diesem Wege die Tür für die Hybridtechnologie und für eine mögliche Beimischung klimaneutraler Kraftstoffe jetzt bereits komplett zuzuschlagen. Die Verschärfung der Flottengrenzwerte für die Automobilindustrie kommt generell verfrüht, die letzte ist gerade einmal 3 Jahre alt.“
Kein Zweifel, auch die IG Metall bekennt sich zu dem im Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbarten Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2050 – das heißt, nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre zu emittieren als dieser wieder zu entziehen. Für die weitere Zukunft gibt sie der grünen Wasserstofftechnologie gute Chancen.
In ihrem „Positionspapier Wasserstoff“ ist zum Thema „Brennstoffzelle“ zu lesen: „Den Mobilitätssektoren und insbesondere der Luftfahrtindustrie, der Bahnindustrie, dem Schiffbau und dem Nutzfahrzeugbau kommt eine entscheidende Rolle zu, aber auch die Brennstoffzellentechnologie für Pkw darf nicht aus den Augen verloren werden. Neben den Fördermaßnahmen im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie des Energie- und Klimafonds müssen vor allem Forschung und Entwicklung weiter ausgebaut werden.“
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