Wohin steuern wir? Was treibt uns morgen an? Diese Frage stellt sich nicht nur bei den Pkw-Herstellern, sondern auch bei den Speditions-, Transport- und Logistikbranche sowie und Nutzfahrzeugherstellern. Doch scheinbar geht es mit der klimaneutralen Mobilität schleppender voran, als sich viele erhofft haben. Und weil die aktuelle Bundesregierung nach Meinung der Nutzfahrzeugbranche ohne Strategie in die Zukunft steuert, folgte nun harsche Kritik von BGL, DSLV, Daimler Truck und MAN Truck & Bus SE, die wir hier unverändert wiedergeben:
Die Unternehmen der Speditions-, Transport- und Logistikbranche sowie die Nutzfahrzeughersteller eint das Ziel, einen größtmöglichen Beitrag zum klimaschonenden Straßengüterverkehr zu leisten. Null-Emissions-Nutzfahrzeuge sind dafür von entscheidender Bedeutung. Um die CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr signifikant zu senken, müssen diese rasch und in wachsender Stückzahl auf die Straßen kommen, gleichzeitig ist die dafür notwendige Tank- und Ladeinfrastruktur aufzubauen. Bedauerlicherweise fehlen bislang die hierfür notwendigen politischen Rahmenbedingungen.
Modernste Verbrennungstechnologien versorgen die Welt
Eine sofortige Kurskorrektur in der Verkehrs- und Klimapolitik forderten daher in Berlin die Vertreter der Verbände der Speditions-, Transport- und Logistikbranche BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung) und DSLV (Bundesverband Spedition und Logistik) sowie der beiden deutschen Nutzfahrzeughersteller MAN Truck & Bus SE und Daimler Truck Holding AG (Daimler Truck).
Der Straßengüterverkehr erbringt heute 85% der Güterverkehrsleistung in Deutschland und wird auch in Zukunft die Hauptlast des Warenverkehrs tragen müssen. Eine erfolgreiche Klimawende im Gütertransport muss daher auch unmittelbar bei den über 6 Millionen Nutzfahrzeugen ansetzen, die täglich Industrie, Handel und Bevölkerung mit Waren versorgt und fast ausschließlich mit modernster Verbrennungstechnologie unterwegs sind.
Die Politik der Bundesregierung setzt hingegen falsche Rahmenbedingungen zum Gelingen der Antriebswende und gefährdet so das Erreichen der selbstgesteckten Klimaziele.
Insbesondere im schweren Lkw-Fernverkehr ist ein schneller Umstieg auf sogenannte Lokal Emissionsfreie Fahrzeuge (Zero Emission Vehicles) angesichts steigender CO2-Abgaben und nicht rückläufiger CO2-Emissionen dringlicher denn je.
Es fehlen Strom, Wasserstoff und Infrastruktur
Die Zukunftsvision von schweren E-Lkw ist derzeit noch getrübt: Es fehlen der Strom und der Wasserstoff. Es fehlen die Power Charger und die Wasserstoff-Tankinfrastruktur. Es fehlen die notwendigen Flächen. Dazu kommt jetzt noch die fehlende Sicherheit für eine verlässliche und effiziente staatliche KsNI-Anschaffungsförderungen. Dieses ist Grundlage für Investitionen der überwiegend mittelständisch strukturierten Speditions- und Transportbranche in die lokal emissionsfreien Fahrzeugalternativen.
Aufgrund seiner geringeren Tagesfahrleistungen ist der Nah- und Regionalverkehr (bis 200 km) geradezu prädestiniert für die Elektromobilität. Aber auch hier stockt es beim schnellen Antriebswechsel. Durch den schleppenden Ausbau grundlastfähiger Stromnetze zu den Logistikterminals, Verteilzentren und Depots, begleitet von einem realitätsfernen KsNI-Förderproramm kommen viele Speditionshäuser selbst im Verteilerverkehr über eine Pilotphase mit elektrisch angetrieben Nutzfahrzeugen nicht hinaus.
BGL, DSLV, Daimler Truck und MAN Truck & Bus SE fordern daher:
- Reinvestition beträchtlicher Anteile aus den hohen Mehreinnahmen bei der Lkw-Maut und dem Brennstoffemissionshandelsgesetz in Höhe von rund 9 Milliarden Euro jährlich in den Klimaschutz durch Aufstockung und Verstetigung der Haushaltsmittel für eine schnelle klimaneutrale Transformation des Straßengüterverkehrs
- Verkürzung der Planungszeiten zur Beschleunigung des Aufbaus einer öffentlichen Schnell-Ladeinfrastruktur inkl. des Netzausbaus sowie des Stellplatzausbaus für Nutzfahrzeuge. Deutschland braucht mindestens 10.000 öffentliche Lkw-Ladepunkte – davon mindestens 4.000 mit Hochleistung.
- Entbürokratisierung bestehender Förderprogramme
- Ein abgestimmtes, an der Praxis orientiertes und durch das Bundeskanzleramt koordiniertes Vorgehen der zuständigen Ressorts (BMDV, BMWK und BMF) im Dialog mit den betroffenen Nutzergruppen, der Herstellerindustrie sowie der Energiewirtschaft im Rahmen eines „Runden Tisches Klimafreundlicher Straßengüterverkehr“.
Die Stimmen zur Kritik an der Bundesregierung
Karin Rådström, CEO Mercedes-Benz Trucks und Mitglied des Vorstands der Daimler Truck Holding AG: „Als Mercedes-Benz Trucks ist es uns ein zentrales Anliegen, gegen den Klimawandel anzugehen und den nachhaltigen Transport der Zukunft anzuführen. Darauf haben wir unsere Unternehmensstrategie ausgerichtet und dafür investieren wir erhebliche Ressourcen. Dank intensiver Entwicklungsanstrengungen haben wir hochwertige batterieelektrische Lkw für unterschiedliche Einsatzzwecke in Serienproduktion. Damit unsere Kunden diese Fahrzeuge in großer Zahl kaufen, braucht es allerdings auch wettbewerbsfähige Kosten. Emissionsfreie Lkw sind in der Anschaffung teurer als Diesel-Lkw und für unsere Kunden ist deshalb wichtig, dass der Kauf weiterhin gefördert wird. Zudem braucht es eine flächendeckende Lade- und Tank-Infrastruktur für batterie- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Hier engagieren wir uns in wichtigen Projekten. Mit Blick auf die CO2-Reduktionsziele bis 2030 müssen wir beim Infrastruktur-Aufbau in Europa aber deutlich schneller vorankommen. Hierfür müssen Prozesse beschleunigt, Bürokratie abgebaut und finanzielle Mittel aufgestockt werden. Es ist deshalb dringend geboten, einen Teil der Maut-Einnahmen hierfür zu verwenden.“
Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher BGL: „Wenn die Ampelregierung die Rahmenbedingungen nicht umgehend grundlegend ändert, schafft sie die Antriebswende zum klimafreundlichen Straßengüterverkehr bis 2030 nicht mehr und reißt die Klimaziele.“
Frank Huster, Hauptgeschäftsführer DSLV: „Politik fordert, aber sie fördert nicht. Verkehrs-, Abgaben- und Klimapolitik sind nicht synchronisiert – dadurch bremst die Bundesregierung selbst die Fortschritte bei der Klimabilanz des Straßengüterverkehrs.“
Alexander Vlaskamp, Vorstandsvorsitzender MAN Truck & Bus SE und Vorstandsmitglied der TRATON SE: „In den vergangenen Jahren haben wir mit hohem Forschungs- und Entwicklungsaufwand unser Portfolio auf Zero-Emission-Technologien umgestellt. Der batterieelektrische Antrieb war zuerst im Bus- und ist nun auch im Lkw-Bereich marktreif. Seit Marktstart Mitte 2021 haben wir über 1.000 elektrische MAN-Stadtbusse in Europa ausgeliefert. Wir skalieren schnell – was damit zusammenhängt, dass die Kommunen Auftraggeber für unsere eCity-Busse sind. 2024 werden wir die ersten batterieelektrischen Schwerlast-Lkw an Spediteure ausliefern. Damit auch in diesem Bereich ein schneller Hochlauf gelingt, brauchen wir die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Initial sollten die eFahrzeuge aufgrund der höheren Anschaffungskosten gefördert werden. Zudem brauchen wir allein in Deutschland rund 4.000 öffentlich zugängliche Hochleistungsladepunkte bis 2030. Von 2024 bis 2026 sollten für den Aufbau dieser Infrastruktur jährlich Haushaltsmittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro vorgesehen werden.“
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