Reportage: Hinter den Kulissen des Mercedes-Teilecenters Germersheim

Alles im Grün-Bereich

Reportage: Hinter den Kulissen des Mercedes-Teilecenters Germersheim: Alles im Grün-Bereich
Erstellt am 15. Mai 2024

Das Herz von Mercedes schlägt in Untertürkheim, Sindelfingen und mittlerweile wohl auch in Tuscaloosa oder Peking. Doch ohne das gigantische Teilecenter in Germersheim geht beim strahlenden Stern nichts – weltweit. Wir schauten hinter die Kulissen des auf der Rhein-Halbinsel Grün ansässigen Mercedes-Benz Global Logistics Centers.

Klaus Ziemsky ist „Bürgermeister“ einer der ungewöhnlichsten Inseln Deutschlands. Doch der erfahrene Mercedes-Benz-Manager herrscht nicht über Sylt, Rügen oder die Bodensee-Insel Mainau. Denn man muss schon ganz genau hinschauen, um zu sehen, dass das Global Logistics Center Germersheim nicht zuletzt wegen seiner Insellage zwischen Rhein und Altrheinarmen so besonders ist. Mercedes ohne Germersheim - das ist seit der Inbetriebnahme 1990 schlicht nicht denkbar, denn der Standort der etwas anderen Art, lässt die Millionen von Mercedes-Modelle in aller Welt durch den Alltag rollen. Auf gigantischen 1,6 Millionen Quadratmetern gibt es rund 500.000 Teile, die über Nacht in alle Welt versandt werden können.

Für die Logistik ist die automobile Komplexität eine Herausforderung, die größer kaum sein könnte. Hier eine Innenverkleidung eines Sprinters ins mexikanische Hinterland, dort ein Akkumodul an die kanadische Grenze nahe Vancouver und dann eine ganze Reihe von Karosserieteilen wie einen W124er, die so schnell als möglich im finnischen Rovaniemi gebraucht werden. „Das am meisten nachgefragte Teil ist keineswegs wie viele denken der Mercedes-Stern“, lächelt Klaus Ziemsky, „vielmehr sind das Schrauben – zum Beispiel für die Befestigung der Auspuffanlage.“ Werden von ihnen 500.000 Stück pro Jahr verkauft, sind es gerade einmal 19.000 verkaufte Mercedessterne pro Jahr - allein im Klassikbestand sind es 42 Varianten.

So viel Teile haben nicht nur ihren Preis für den Kunden, sondern insbesondere ihr Gewicht. Pro Tag werden in dem Teilezentrum 35 Kilometer südlich von Mannheim mehr als 1.700 Tonnen an Mercedes-Komponenten hin und herbewegt. Täglich fahren auf die sogenannte Insel Grün 430 Lastwagen ein und 380 – zumeist größere LKW - wieder heraus. In ihnen auf bewegter Tour: rund 70.000 Lieferscheinpositionen. Diese Zahlen sind nicht nur für Mercedes gigantisch: vielmehr gilt das Global Logistics Center Germersheim als eines der größten weltweit. Damit der Kotflügel der aktuellen A-Klasse, das Akkupaket des Smart Fortwo oder der Ersatzmotor für das Schiebedach der E-Klasse-Baureihe W 212 so schnell als möglich zum Händler und damit zum wartenden Kunden kommt, reicht der Tatendrang der knapp 2.800 Beschäftigen längst nicht mehr aus und so ist Germersheim mit seinen verschiedenen Arealen maximal vernetzt. Das älteste verfügbare Ersatzteil im Bestand ist der Öler des Patent-Motorwagens von 1886 – von dem sind sogar noch mehrere vorhanden. Das größte Einzelteil: der Kotflügel der Maybach-Baureihe 240.

Wichtiger denn je ist das Teilecenter in der Südpfalz für den Bereich klassischer Fahrzeuge. Hier stellt sich Mercedes aktuell neu auf, kreiert einen geänderten Webshop und will so alle Teile verfügbar machen, die jene Fahrzeuge benötigen, die seit 15 Jahren nicht mehr gefertigt werden. Diese Komponenten vom Blinkerhebel für einen 600er-Mercedes-Baureihe bis zum Zigarettenanzünder für eine Pagode sind bei weltweit 3.000 Vertriebspartnern verfügbar. Wenn möglich werden die gewünschten Teile innerhalb von 24 Stunden in 170 Länder ausgeliefert – hier hilft die Lage der Insel Grün direkt am Rhein mit entsprechender Verschiffung, die Lastwagen und Flugzeuge als Transportmittel ergänzen.

Vor vier Jahren wurde eine bedeutende Lagererweiterung in Betrieb genommen, der 80.000 Quadratmeter an Fläche brachte und allein 100.000 Millionen Euro kostete. Zentrales Element ist ein 40 Meter hohes Hochregallager für Mittel- und Sperrigteile, das durch ein zwölf Meter hohes Mittelteile-Kommissionierlager ergänzt wird - beide Bereiche werden mit modernsten Regalgeräten, während die meisten anderen Güter über die führerlose Elektrobodenbahn transportiert werden. Die Einlagerung der Teile ins Lagerhochhaus erfolgt dabei vollautomatisch über eine Kombination aus Kettenförderer, Hebe- und Elektropalettenbahn. 2039 will Mercedes als Konzern gesamtheitlich CO2-neutral sein. Klaus Ziemsky und seine Insel Grün haben dieses Ziel bereits vor zwei Jahren erreicht. Dazu tragen nicht zuletzt eine Photovoltaikanlage bei, die pro Jahr 1,8 Millionen kWh Strom produziert und einen nennenswerten Teil des Energiebedarfs deckt. Von den insgesamt 19.000 Quadratmetern begrünter Fläche, befindet sich mehr als die Hälfte auf begrünten Dächern. Dazu kommen eine betont ebenso naturnahe wie insektenfreundliche Gestaltung und eine ökologische Bewirtschaftung von unbebauten Bereichen. Zudem wurden Abfälle und der Wasserverbrauch in den vergangenen Jahren auf ein Minimum reduziert.

20 Bilder Fotostrecke | Reportage: Hinter den Kulissen des Mercedes-Teilecenters Germersheim: Alles im Grün-Bereich #01 #02

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community