Außen original W110 - innen BMW-Power

1965er Mercedes-Benz 190D „special customized edition“

Außen original W110 - innen BMW-Power: 1965er Mercedes-Benz 190D  „special customized edition“
Erstellt am 8. Januar 2021

Mercedes-Benz 190 D (interne Bezeichnung Mercedes-Benz 190 Dc) - die kleine Flosse erfreute sich zu ihrer Zeit allergrößter Beliebtheit - trotz einer bescheidenen Motorleistung von nur 55 PS des 2-Liter-OM621 III. In unseren Tagen macht das Wiedersehen mit diesem Benz immer Freude. Zur Kategorie „Wow-Car“ im W110-Segment gehört auch Tonys 65er 190 Dc - auch wenn wesentliche Bestandteile der inneren Werte dieses in den USA umherfahrenden Exemplars mit einem Mercedes-Benz rein gar nichts mehr zu tun haben. Äußerlich nah am Original, geht Tonys W110 faustdick fremd unter der Haube, denn die Kraft des Sterns resultiert aus einem getunten BMW-E30-Reihensechszylinder-Motor mit Turboaufladung.

BMW-Power inside

Als Quelle der Kraft fungiert in der 55 Jahre alten Mercedes-Heckflosse ein M20-BMW-Motor aus einem E30. Er wurde bei US-Tuner Bisimoto gepimpt. Unter anderen erhielt das Triebwerk ein Turbo-Kit von Pure Turbos. Der W110 leistet danach natürlich weit mehr als seine ursprünglichen 55-Serien-PS zu 190D-Zeiten. Wie stark der Stern jetzt geworden ist, will Tony allerdings nicht verraten. Nur so viel ist ihm zu dem Thema zu entlocken. „Es sei genug Power da“, meint er. Wir tippen auf eine Zahl deutlich über 200 Pferdestärken.

Wer die Haube des W110 öffnet, erkennt sogleich, dass es sich bei diesem Mercedes um eine "special customized edition" handelt. Die charakteristische Optik der M20-Ansaugbrücke ist zu verräterisch, als dass sie den Betrachter lange auf die falsche Fährte führen könnte - auch wenn die pulverbeschichtete Ansaubrücke und der Zylinderkopfdeckel des BMW-Motors Mercedes-Benz-Insignien tragen.

Einer wie keiner

In die Gänge kommt der W110 übrigens auch mit der Viergangautomatik eines BMW. Damit die vermehrte Kraft auch halbwegs gut gezügelt werden kann, ist der W110 mit einer größeren Bremsanlage an der Vorderachse ausgerüstet worden. Seinen Dampf lässt der kraftvolle W110 aus einer individuell angefertigten 3-Zoll-Abgasanlage ab. Die gibt sich allerdings weniger lautstark, als man von dem Klassiker mit dem potenten Aggregat vielleicht erwarten dürfte. Flüsterleiste ist sie konfiguriert. Und das soll auch so. Erst wenn Tony getreu der Devise „pedal to the metal“ die Lust auf den vollen Gaspedal-Drauftritt überkommt, regt sich der akustische Pegel. Der Klang, der dann aufhorchen lässt, entströmt dann aber dem Motorraum und hört sich nach geilem Turbo-Blow-off-Sound an - wovon Ihr Euch in dem nachfolgenden Video der US-Kollgen von Autotopia, in dem der Mercedes 190D und sein Besitzer ausführlich vorgestellt werden, einen Eindruck verschaffen könnt.


Keine Frage: Nicht viele W110 sind so wie dieser. Auf seine Art ist der Mercedes-Benz 190D vermutlich einmalig. Übrigens gab es von der Baureihe W110 einmal ganz viele. Als im 1968 die Produktion des W110 endete, hatten in der sechseinhalbjährigen Produktionszeit insgesamt 622.453 Limousinen (davon 223.820 Exemplare 190D) und 5.859 Fahrgestelle mit Teilkarosserie das Werk Sindelfingen verlassen .

Im Rückspiegel: Baureihe W110 - 1961 - 1968

Im August 1961 wurden von Mercedes-Benz die Typen 190 c und 190 Dc der Baureihe W110 präsentiert. Sie lösten die "Ponton"-Modelle 190 b und 190 Db ab und verfügten, wie die Sechszylindertypen, über eine Heckflossen-Karosserie. Mit der Einführung der neuen Vierzylindermodelle gipfelte das von Daimler-Benz seit Beginn der Nachkriegsproduktion konsequent praktizierte Baukastenprinzip in einem auch später nie wieder erreichten Höhepunkt. Erstmals in der Geschichte des Unternehmens verwendeten Mittelklasse- und Oberklasse-Baureihe nicht nur gleiche Aggregate und Komponenten, sondern besaßen darüber hinaus eine weitgehend identische Karosserie. Von Zierelementen abgesehen, besassen die Heckflossen allesamt eine ab der Frontscheibe identische Einheitskarosserie. Übrigens: Bei Mercedes-Benz firmierten die markanten Stummelflügel seinerzeit nicht als Heckflosse, sondern wurden im offiziellen Sprachgebrauch "Peilstege" genannt, denen als optische Einparkhilfe eine praktische Funktion zugedacht war.

 

Die Fertigung der Mercedes-Benz Baureihe W110 lässt sich in zwei Abschnitte unterteilen - in eine erste Serie von 1961-1965 und eine zweite Serie von 1965-1968. Letztere unterscheidet sich vom Vorgänger durch neue Modellbezeichnungen und einige kleinere Stylingänderungen. Auf den ersten Blick sind W110-Mercedes der zweiten Serie durch die Entlüftungsöffnungen an der C-Säule sehr gut zu identifizieren.

Mercedes-Benz Baureihe W110 - die kleine Heckflosse

Die Mercedes-Modelle der Baureihe W110 werden oftmals auch als "kleine Heckflosse" bezeichnet. Warum ist das so? Weil es auch die große Heckflosse W111, die seit 1959 auf dem Markt war, gab. Mit dieser Oberklasse-Baureihe teilte sich der 4.730 mm lange W110 nämlich die Karosserie (Einheitskarosserie). Die markantesten Unterschiede zwischen kleiner und großer Heckflosse lagen in der Motorisierung – für W110 gab's nur Vierzylinder-Aggregate, für W111 nur Sechszylinder-Motoren (und ab 1969 auch Achtzylinder) - sowie in dem deutlich kürzeren Vorderwagen der W110-Baureihe. Ein Dieselmotor kam nur in der W110-Baureihe zum Einsatz.

Ein etwas anderes W110-Unikat

Der W110 ist heutzutage ein begehrter Klassiker. Nicht viele von den einstmals in großer Zahl gebautem Stern sind heute noch existent. Oldtimer-Freunde, die Originalität und sonst nichts an einem in die Jahre gekommen Mercedes-Benz schätzen, dürften Tonys Treiben womöglich mit einem ungläubigen Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Anlass zum Fremdschämen bietet der 190D-Umbau allerdings nicht. Ein großes Stückt Einzigartigkeit steckt schließlich in diesem Wagen drin. Zu den Besonderheiten des 65er Exemplars gehört übrigens nicht nur die Antriebsquelle, sondern auch das Luftfahrwerk von Airlift Performance, welches im Abwärtsgang die W108-Felgen mitsamt ihrer Weißwandbereifung schön in den Gehäusen versenkt.

Als US-Ausführung ist der 65er Mercedes-Benz mit Bumpern, die über Stoßhörner verfügen ab Werk ausgerüstet gewesen. Ihr Chrom gehört ebenso zum glänzenden Charme des Mercedes wie das sehenswert aufgearbeitete Interieur mit neuen Bezügen für Sitze, Himmel und Türverkleidung.

Echte Gefühle

Einer wie keiner - dieses Etikett passt auf Tonys Mercedes-Benz 190D. Sakrileg und Majestätsbeleidigung sind keine passende Bewertungen für dieses bemühte und aufwendige Projekt. Weil Freude am Fahren eine höchst individuelle Angelegenheit ist, darf man diesem US-MIB den schier unendlichen Spaß in den Backen (wer sich das Video von dem Umbau angesehen hat, weiß, wovon die Rede ist) als ehrliche und tief empfundene Begeisterung am Benz durchaus abnehmen. (Video und Screenshots: YouTube / Autotopia)

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