Mercedes-Benz Sonderfahrzeuge

Lautlos helfen? Der Mercedes eSprinter Krankenwagen im Test

Mercedes-Benz Sonderfahrzeuge: Lautlos helfen? Der Mercedes eSprinter Krankenwagen im Test
Erstellt am 20. Juli 2021

Die meisten kennen Krankenwagen im Alltagsbetrieb mit ohrenbetäubend lautem Horn und blinkendem Blaulicht. Auch hier halten langsam Elektromotoren Einzug und zumindest die sorgen für Ruhe. In einem Probebetrieb war südlich von Berlin nun ein Mercedes eSprinter unterwegs.

Die Ambulanz Mobile GmbH aus Schönebeck in Sachsen-Anhalt ist der größte Hersteller von Kranken- und Rettungswagen in ganz Europa. Egal ob in Deutschland, Spanien oder den Niederlanden – wenn ein Krankenwagen mit Blaulicht im Rückspiegel auftaucht, geht es oftmals um Leben und Tod. Dabei ist die Chance groß, dass das Rettungsmobil in Schönebeck nahe Magdeburg zu einem solchen gemacht worden ist. Über 300 Personen arbeiten Tag für Tag daran, dass ein normaler Transporter zu einem Kranken- oder Rettungswagen wird. Pro Jahr entstehen so in einem kleinen Gewerbegebiet von Schönebeck rund 1.500 Fahrzeuge in reiner Handarbeit. Erstmals wurde im vergangenen Winter ein elektrischer Transporter vom Typ Mercedes eSprinter zu einem Krankenwagen vom Typ Valeris-e umgebaut. „Wir sind sehr stolz, dass Mercedes-Benz Vans mit uns dieses Projekt gestartet hat“, sagt Hans-Jürgen Schwarz, Geschäftsführer Ambulanz Mobile, „es ist eine Herausforderung einen ersten vollelektrischen Krankenwagen zu bauen und unser spezieller Anteil ist die Versorgung und die Versorgungseinrichtung hinten autark vom Basisfahrzeug zu gestalten.“

Das "normale" Akku-Paket reicht beim Krankenwagen nicht

Schnell stand fest, dass das normale Akkupaket des eSprinter nicht reichen würde, um im Alltagsbetrieb genügend Leistung für den Fall der Fälle zu haben. „Sonst würde die elektrische Reichweite bei 30 oder 40 Kilometern liegen, wenn wir alle medizinischen Verbraucher angeschlossen und im Betrieb hätten“, erklärt Vertriebsleiter Frank Lundershausen. So bekamen die speziellen Ausstattungsgegenstände in dem Krankenwagen eine eigene Stromversorgung und das Energiepaket des Aufbaus wurde von derjenigen des Basisfahrzeugs durch den Einbau zweier Steuergeräte getrennt. In der Einsatzgarage steht der elektrische Notfall-Sprinter daher mit dem gleichen Stromanschluss an der linken Seite neben der Fahrertür wie jeder Verbrenner, das das Akkupaket für die spezifische Krankenwagenausstattung versorgt. Der 55-kWh-Akku (47 kWh nutzbar) des elektrischen Sprinters, der den Motor antreibt, wird dagegen über einen Stecker geladen, der sich hinter dem Mercedes-Stern im Kühlergrill verbirgt. Das Blaulichtfahrzeug lädt entweder mit 7,4 kW Wechselstrom oder mit bis zu 20 kW Gleichstrom. Mit der optionalen DC-Ladeleistung von 80 kW lässt sich das Akkupaket in rund 40 Minuten an einer DC-Schnellladestation von 10 auf 80 Prozent aufladen.

Die Reichweite liegt bei circa 120 Kilometern

Nachdem der rund dreimonatige Probebetrieb in Bindow bei Königs Wusterhausen bei der Johanniter-Unfall-Hilfe beendet ist, sind alle Beteiligten mehr als zufrieden. Im Alltag zeigte der elektrische Krankenwagen keine nennenswerten Einschränkungen zu den Verbrenner-Brüdern. Die transportierten Personen auf der Liege wussten die geräuschlose Fahrt ohne Martinshorn und blau blinkende Flasher ebenso zu schätzen wie die Krankenwagenfahrer selbst. Der Aktionsradius des elektrischen Krankenwagens ist dabei jedoch mit einer Reichweite von rund 120 Kilometern stark eingeschränkt. „Bis die Akkus für 300 Kilometer oder mehr halten, sehe ich ein solches Fahrzeug eher für Krankentransporte auf einem großen Klinikgelände oder in einer kleinen Stadt“, so Frank Lundershausen, „für eine Großstadt reicht das noch nicht. Aber es gibt bereits genügend Anwendungsfälle, wo es passt.“

Elektrisch zum Einsatzort - Ist das die Zukunft?

Mit 85 kW / 116 PS ist der eSprinter-Krankenwagen kein Kraftprotz, bringt aber zumindest die Leistung des Einstiegs-Dieselmotors auf die Räder. Es geht hinter dem Steuer des 150.000 Euro teuren eKTW ohnehin eher gemächlich zu – was speziell den Liegendkranken gefallen dürfte. Dazu passen auch die einzelnen Fahrmodi, die sich für den Krankenwagenfahrer durchschalten lassen. Die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h spielt allerdings kaum eine Rolle, da man im Einsatz allenfalls in Ortschaften oder auf der Landstraße fährt. Da allenthalben Gewicht gespart wurde, liegt das Gesamtgewicht unter 3,5 Tonnen und so kann das nahezu geräuschlose Blaulichtmobil auch von Personen mit einem PKW-Führerschein bewegt werden. Bei dem elektrischen Einzelstück wird es mittelfristig nicht bleiben. „Wir haben bereits einige Nachfragen zu dem Fahrzeug aus dem In- und Ausland“, freut sich Frank Lundershausen. Der Verkauf von Fahrzeug Nummer eins dürfte daher nur noch eine Frage der Zeit sein.

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