Es gibt leichteres, als in die Fußstapfen des legendären 300 SL (W198) zu treten. Doch der SL der Baureihe W113 musste genau dieses Erbe antreten. Dementsprechend gespannt blickte die Mercedes-Benz Führungsriege 1963 nach Genf, denn auf dem Genfer Autosalon feierte die Pagode vor 60 Jahren ihre Premiere.
Die Pagode war nicht nur ein einfacher SL, sie musste den Spagat schaffen zwischen dem zu "teuren" 300 SL und dem zu "leistungsschwachen" 190 SL. Dementsprechend verkündete anlässlich der Vorstellung des 230 SL in Genf der langjährige und führende Entwicklungs- und Forschungschef von Mercedes-Benz, Professor Fritz Nallinger: „Unser Ziel war es, einen sehr sicheren und schnellen Sportwagen mit viel Leistung zu schaffen, der trotz seiner sportlichen Eigenschaften ein sehr hohes Maß an Fahrkomfort bietet.“
Optisch wusste der Roadster durchaus zu beeindrucken. Verantworlich für das Design ist Paul Bracq. Paul Bracq, 1933 geboren in Bordeaux in der Nähe der wunderschönen Atlantikküste, ist einer der bekanntesten Automobildesigner der vergangenen Geschichte. Der Franzose arbeitete zunächst für die Marke Citroen, bevor er als Designer in Sindelfingen bei Daimler Benz anfing. Aus seinem Bleistift stammt der Mercedes-Benz 600, aber auch die Bestseller Strich-Acht-Modelle, sowie W108 und W109, und natürlich der SL W113 mit dem Spitznamen Pagode.
Die Pagode sollte zu einem vollen Erfolg werden. Innerhalb von vier Jahren wurden über 48.000 Exemplare hergestellt, von denen fast 20.000 in die USA gleifert wurden. Berühmte Besitzer waren unter anderem John Lennon, Sophia Loren oder aber auch Sir Stirling Moss.
Beim Auktionshaus RM Sotheby´s kommt in diesen Tagen ein ganz besonderen Modell unter den Hammer. Denn das hier angebotene Fahrzeug trug maßgeblich zum Erfolg des 230 SL bei, da es als Entwicklungsfahrzeug für die Daimler-Benz AG diente. Bestellt wurde dieser 230 SL im Namen von Prof. Fritz Nallinger. Nallinger war Daimler-Ingenieur und unter anderem die treibende Kraft hinter dem 300 SL gewesen.
Classic-Analytics: So sieht die 230 SL-Preisentwicklung aus
Auch die Pagode fiel unter Nallingers Verantwortlichkeit und so wurde der hier gzeigte 230 SL mit Automatikgetriebe und Servolenkung an Nallinger ausgeliefert. Es wird vermutet, dass der Einzelsitz im Fond des Wagens ebenfalls zu Testzwecken eingebaut wurde. Normalerweise ist an dessen Stelle eine Rücksitzbank verbaut.
Die Pagode wurde am 11. Juni 1963 bei der Daimler-Benz AG in Stuttgart mit dem Kennzeichen „S-RV 439“ zugelassen. Intern wurde der SL als „Versuchsfahrzeug Ut“ bezeichnet und erhielt die Versuchswagennummer „8“. Prof. Nallinger fuhr das Auto im Alltag und nutzte es gleichzeitig als Entwicklungsfahrzeug. Die Testfahrten hat Fritz Nallinger ordnungsgemäß dokumetiert. Aus Unterlagen geht hervor, dass Nallinger vorallem den Geräuschpegel im Innenraum der Pagode kritisierte. Diese Briefe Nallingers waren gerichtet an den legendären Rudolf Uhlenhaut und die Daimler-Ingenieure Müller und Wilfert.
Prof. Nallinger konfigurierte den 230 SL mit Farbpaarung Orange Metallic und Leder in Türkis. Kombiniert wurde diese besondere Kombination mit schwarzen Armaturenbrettverkleidungen und einem schwarzem Hardtop. Das AUktionshaus RM Sotheby´s erwartet für den 230 SL Entwicklungswagen zwischen 260.000 und 340.000 Euro. Auktionsdatum ist der 25. November 2023.
Was bringt Nallingers Pagode wirklich? Das sagt Classic-Analytics:
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