Ganz sicher einer der populärsten Mercedes Oldtimer überhaupt: die Heckflosse! Im August 1959 stellt Mercedes-Benz die neue Limousine der Öffentlichkeit vor. Allerdings erst die "große Heckflosse", gemeint waren die Sechszylindermodelle
Ob Cola, RocknRoll oder Hoola-Hoop in den 50-iger Jahren des letzten Jahrhunderts schwappten regelmäßig Trends aus den USA nach Deutschland. Auch in Sachen Automobil-Design waren die Amerikaner damals eine Bank. So kam es, dass auch die in Übersee geborenen Heckflossen ihren Weg ins Blech deutscher Automobile fanden. Die Mercedes-Baureihen W 110, 111 und 112 gehören zu den markantesten und dennoch zeitlosesten Vertretern dieses Stils. 2009 werden diese legendären Mercedes Oldtimer 50.
Balanceakt zwischen modisch und modern
Generell zählte Mercedes auch in den 50-iger-Jahren sicherlich nicht zu den Autobauern, die sich mit optischer Effekthascherei in Szene setzten. Doch die Wirtschaftswunderstimmung in Deutschland wurde nun einmal von dem genährt, was in den USA in war also auch von Heckflossen im Automobil-Design. Also gab man sich in Stuttgart einen Ruck und öffnete sich für ein Design-Element, das sich eigentlich nur schwer mit der für Mercedes typischen Sachlichkeit verbinden ließ. Doch die Designer machten einen guten Job und gaben den Limousinen der Baureihen W 110, W 111 und W 112 Flossen, die nicht verspielt sondern irgendwie selbstverständlich wirkten.
Bei Mercedes hießen Heckflossen Peilstege
Einfach auf einer Design-Welle mitzuschwimmen, war den Stuttgartern aber doch zu wenig. Also gaben Sie den Heckflossen etwas, das ihre Vorbilder aus den USA nie hatten nämlich eine Funktion. Diese bestand darin, dass die Heckflossen quasi im Nebenjob eine praktische Hilfe beim rückwärts Einparken sein sollten. Konsequenter Weise nannte Mercedes sie deshalb Peilstege. Eine Bezeichnung, die im Volksmund allerdings keine Chance hatte: Landauf landab wurden die Modelle mit dem Rufnamen Heckflosse versehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Nicht nur schön, sondern auch schön sicher
Als die neue Mercedes-Generation 1959 das Licht der Welt erblickte, hatte sie freilich viel mehr zu bieten, als nur ein auffällig gestyltes Heck. Gerade in Sachen Sicherheit brachten die zunächst als 220b, 220 Sb und 220 SEb erhältlichen Wagen der Baureihe W 111 viele Innovationen auf die Straße. So zum Beispiel die von Knautschzonen an Front und Heck geschützte Fahrgastzelle, das gepolsterte Armaturenbrett oder die ebenfalls gepolsterte Lenkradnabe.
Die Flosse bekommt Geschwister
1961 debütierte die Baureihe W 110 und übernahm die Rolle eines Basis-Modells. Dementsprechend lag der Fokus hier nicht auf den neu konstruierten Sechszylindermotoren, wie sie die Baureihe W 110 trug, sondern auf robusten Vierzylindern und einem Dieselmotor. Die Verkaufsbezeichnungen lauteten 190 bzw. 190 D. Optisch konnte man die Baureihen auf den ersten Blick unterscheiden: Während der W 111 große ovale Scheinwerfer im Hochformat besaß, musste sich der W 110 mit einfachen Rundscheinwerfern begnügen.
Höhe- und Endpunkt einer Ära
Ebenfalls 1961 kam die Top-Flosse auf den Markt: der Mercedes 300 SE. Sein drei Liter großer Sechszylinder leistete für damalige Verhältnisse schier unfassbare 170 PS. Darüber hinaus bot diese Luxus-Limousine mit Servolenkung, Automatik und Luftfederung Annehmlichkeiten, von denen Otto-Normal-Fahrer nur träumen konnte.
Die erste Heckflossen-Arä endete 1965. Sie wurde abgelöst von der Baureihe 108/109 und von den weitergebauten Heckflossenmodellen 200, 200D, 230 und 230S. Gerade der 230 W110 ist heute sehr gesucht, weil er ein Wolf im Schafspelz ist mit seinem zunächst 105 PS, später 120 PS starken 6-Zylindermotor in der kleinen und leichten W110 Karosserie.
Und wie geht es der Heckflosse heute?
Ganz ausgezeichnet, wie Frank Kellewald, Beirat PR im Verein der Heckflossenfreunde (vdh) versichert: In Deutschland sind bis heute gut 5000 Heckflossen zugelassen, doch es gibt eine hohe Dunkelziffer, da umgeschlüsselte Re-Importe und 07er-Fahrzeuge in der Statistik nicht auftauchen. Das Vergnügen, ein ehemaliges Oberklasse-Fahrzeug wie die Heckflosse zu bewegen, ist durchaus erschwinglich. Für rund 10000 Euro bekommt man ein gutes, fast komplett originales Fahrzeug, sagt Frank Kellewald, wer Wert auf absolute Originalität und Top-Zustand legt, muss allerdings tiefer in die Tasche greifen.
Komfort zum Träumen
Und warum sollte man sein sauer Erspartes ausgerechnet in diesen Mercedes-Oldtimer investieren? Auch darauf hat Frank Kellewald eine Antwort: Es gibt kaum etwas Schöneres, als eine entspannte Überlandfahrt mit einer Heckflosse. Sich auf einer Alleenstraße vom immer noch erstaunlichen Komfort des Fahrwerks verwöhnen zu lassen und dabei das Schiebedach oder zumindest alle Seitenscheiben zu öffnen, das ist schon ein ganz besonderes Erlebnis. Er muss es wissen, schließlich bewegt er selbst einen Mercedes 220 Sb, Baujahr 1965.
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