Weihnachtsspecial: Mercedes-Pagode für die Autorennbahn

Ode an die Pagode

Weihnachtsspecial: Mercedes-Pagode für die Autorennbahn: Ode an die Pagode
Erstellt am 17. Dezember 2024

Slot Cars sind fast so alt wie das Auto selbst. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts boten einzelne Hersteller schlitzgeführte Pisten an, auf denen Blechautos um die Wette fahren konnten.

Für ein Rennbahn-Modell war die Carrera-Pagode sehr aufwändig detailiert mit separaten Scheinwerfern, Stoßstangen, aufgesetztem Chrom-Außenspiegel und filigranem Grill. Interessanterweise galt dies auch für die Konkurrenz von Scalextric, Stabo und Fleischmann.

Einer der Rennbahn-Pioniere war die Firma Marx. Märklin folgte in den Dreißiger Jahren. Den ungezügelten Siegeszug in Wohn- und Kinderzimmern erlebte die Autorennbahn jedoch erst in den 60er Jahren. Ein gewisser Fred Francis aus Großbritannien rüstete zwei Blech-Rennwagen mit einem kleinen Elektromotor aus, stellte sie auf eine fast gummiartige Rennpiste und ab ging die Post. Seine Idee erfreute sich eines gigantischen Erfolgs. Die Marke Scalextric war erfunden und sollte in punkto Autorennbahn bis heute auf dem Weltmarkt die Nummer 1 bleiben.

 

Wie dieser kurze Film von 1958 zeigt, war Rennfahrer Stirling Moss ein Racer durch und durch, sowohl in seinem Vanwall Rennwagen, als auch in seinem Scalextric-Ferrari, damals noch aus Blech.

Rennfahrerlegenden wie Sir Sterling Moss oder die Besetzung der Batman-Serie spielten öffentlichkeitswirksam im ebenfalls noch jungen TV mit der Scalextric- und Revell-Autorennbahn und es sollte nicht lange dauern, da traten die ersten Nachahmer auf den Plan. Der bekannteste von Ihnen ist bis heute speziell auf dem deutschsprachigen Markt die Marke Carrera.

1964 stellte die Fa. Neuhierl aus Nürnberg auf der Spielwaren-Messe die Carrera-Autorennbahn vor. Ein Jahr später bereicherten Porsche 911 und Mercedes 250 SL das Programm im Maßstab 1:32.

1965 ging Carrera mit dem Mercedes 230 SL an den Start

Ein Mercedes-Modell beschäftigte fast jeden Hersteller, obwohl das Auto selbst im wahren Motorsport-Leben nicht besonders erfolgreich war. Die Rede ist von der Mercedes Pagode. Markenliebhaber erinnern sich vielleicht noch an ein rotes Modell mit Hardtop, das bei der Wettfahrt Spa-Sofia-Lüttich gestartet ist.

Zwei frühe Carrera Universal-Pagoden, gebaut zwischen 1965 und 1967. Das blaue Modell war nie im Katalog zu sehen und ist eine Carrera-Rarität.

Aber im Gegensatz zum Porsche 911, der ausgerechnet auch noch im benachbarten Stadtteil „erfunden“ und obendrein mit luftgekühltem Heckmotor in das Rennen um die Gunst des Kunden geschickt wurde, sollte sich die Pagode im Motorsport nicht durchsetzen. Das hielt aber weder Carrera noch Scalextric oder Stabo Car davon ab, dieses schöne Modell in mehreren Varianten zu produzieren und auch Grundpackungen damit zu bestücken.

 

Carrera beispielsweise schickte die Pagode in der Packung Gran Turismo gegen einen Porsche 911 ins Rennen. Im Maßstab 1:32 durchaus nicht chancenlos. Auch Scalextric und Fleischmann bestücken Grund- bzw. Startpackungen mit der Pagode. Fleischmann produzierte das Modell übrigens nur als Roadster. Dieser verfügte im Chassis über einen Schieberegler, der das Fahrlicht ein- oder ausschaltete. Interessanterweise konnte Fleischmann auf dem holländischen Markt größere Marktanteile erringen als in Deutschland und war der ärgste Konkurrent der britischen Marke Scalextric, die in Holland und in Frankreich im Gegensatz zum deutschen Markt sehr erfolgreich war.

 

Auch in Spanien gab es eine Coupe- und eine Roadster-Version vom Mercedes SL. Der in Spanien beheimatete Scalextri-Ableger Scalextric-Exin produzierte beide Modelle in zahllosen Farbvarianten und das nicht nur für den spanischen Heimatmarkt, sondern auch in Mexiko für Südamerika. Mit dem Comeback der Autorennbahn schickten die Spanier – mittlerweile sehr zum Verdruß der Briten – auch auf anderen europäischen Märkten darunter auch Deutschland, den Niederlanden und die Kanalinsel selbst, erst eine Roadster-Version, dann auch das Hardtop als formschöne Repliken zurück ins Rennen um die Gunst der Kunden.

Wer die Slotcar Pagoden der frühen Jahre einmal vergleicht, könnte auf die Idee kommen, dass sich hier drei oder vier Hersteller eine Form geteilt haben. Weit gefehlt. Die Modelle sind sich zwar verblüffend ähnlich, unterscheiden sich dann aber doch im Detail. Das gilt insbesondere für die Technik. Während Carrera seine mit Fahrlicht ausgestattete Pagode durch fortschreitende Entwicklung mit unterschiedlichen Plastik-Chassis bestückte, setzte Stabo Car auf ein massives Fahrgestell aus Metall. Das Auto war deutlich schwerer, was sich beim Beschleunigen spürbar bemerkbar machte.

 

Interessanterweise werden sowohl Carrera als auch Stabo Car Modelle vom gleichen Bühler Motor befeuert, der im sogenannten Inlineprinzip im Chassis verankert war. Hier drehte sich der Anker des Elektromotors parallel zur Fahrtrichtung und 90° zur Hinterachse. Die Antriebskraft musste also einmal über ein Zahnradpaar umgelenkt werden. Nicht so bei Fleischmann. Hier war der Motor quer zur Fahrtrichtung angeordnet und das Motorenritzel trieb ohne Umlenkung die Hinterachse an. Abgesehen von Vorteilen in der Balance hatte dieses AntriebsprInzip - der Fachleute sprechen vom Sidewinder- eine bessere Beschleunigung und höhere Enddrehzahl, weil geringere Reibungsverluste.

 

Übrigen hatte der Fleischmann Roadster im Chassis einen Schiebeschalter, mit dem sich das Licht an und ausstellen ließ. Stabo Car schickte seine Pagode anfangs sogar mit lenkbarer Vorderachse ins Rennen. Das sah in engen Kurven zwar toll aus, brachte aber keinerlei Vorteile. Scalextric blieb beim ursprünglichen, aber sehr gut ausbalancierten Inliner-Setup, wechselte in den Produktionsjahren nur auf leistungsstärkere Motoren. Was die Rundenzeiten nicht immer verbesserte, denn der alte RX Motor erreichte zwar nicht die Höchstdrehzahl seiner Nachfolger, verfügte aber über erheblich mehr Drehmoment und eine sanftere Kraftentwicklung, was in harmonischeren Fahreigenschaften resultierte.

  39 Bilder Fotostrecke | Weihnachtsspecial: Mercedes-Pagode für die Autorennbahn: Ode an die Pagode #01 #02

Schade, nur dass es etwas Tüftelei bedarf, um die Pagoden der unterschiedlichen Hersteller gegeneinander antreten zu lassen. Am besten, man entscheidet sich für eine klassische 2-Leiterbahn von Scalextric und rüstet die Carrera Modelle mit einem 2-Leiter-Leitkiel um, den es von Carrera auch als Original-Ersatzteil zu kaufen gab. Oder man steigt auf die neuen digitalen Systeme von Carrera oder Scalextric um, muss dann aber die klassischen Fahrzeuge mit einem Decoder nachrüsten. Egal ob Analog-oder Digital-System, der Umstieg auf ein 2-Leiter-System hätte auch noch andere Vorteile. Denn die Liste an Mercedes Slotcars für die 2- Leiterbahnen ist lang. Sie reicht vom W154 bzw. W196 Silberpfeil von Airfix/MRRC und Carrera  über den 300 SL Gullwing von Revell bis zur roten Sau von Carrera. ,Wer nun Lust bekommen hat, mit einer Pagode ein paar Runden auf der Heimbahn zu drehen, die gute Nachricht lautet: Dank Ebay ist das Angebot fast unerschöpflich. Standard-Modelle von Stabo und Carrera starten zwischen 80-100 Euro. Rare Modelle und Farbvarianten können schon mal über 300 Euro kosten. Happy Racing. Eines aber kann der Autor hier versprechen: Diese Art der Elektromobilität macht einen Höllenspaß.

 

 Mehr zum Thema:

Buchrezension: Faller - die Welt von oben Mit Faller zum Bauherr der Modellbahn 75 Jahre Faller – das ist lebendige Nachkriegsgeschichte. Die Gütenbacher Modellbauer begleiteten sie mit der Miniaturisierung von Gebäuden, Brücken u.a. Weihnachtsgeschenke für Mercedes-Fans: Austro-Daimler für die Autorennbahn Wahnsinn in 1:32: Die irren Slotcars von Velasor Die spanische Firma Velasor hat sich nun der Daimler-Geschichte angenommen und historische Rennwagen im Maßstab 1:32 auf die Räder gestellt.

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community