Für manch orthodoxen Mercedes-Fan möglicherweise ein Sakrileg für andere Freunde der Marke mit den Stern hingegen garantiert ein geniales Meisterstück: Thomas Tenberg legte Hand an seinen Mercedes-Benz 230TE Baujahr 1986 und modelte ihn zu einem coolen Pickup um. Dabei überzeugt sein W124 nicht nur mit einer pfiffigen Linienführung, sondern auch mit handwerklicher Perfektion. Und ist sogar nicht ohne historrisches Vorbild...
Mercedes-Pickup: ein Umbau mit Tücken
Pickup-Umbauten sind mittlerweile ja gar nicht mehr so außergewöhnlich. Doch zuweilen leidet unter dem radikalen Blech-Cut die Harmonie der Formsprache möglicherweise sogar die strukturelle Solidität. Mangels ausreichender Verwindungssteifigkeit können bei einer solchen Custom-Konstruktion in den Kurven unschöne Knarzgeräusche zu hören sein, die Türen hängen oder es zeigen sich vielleicht irgendwann hässliche Lackrisse.
Umsichtige Planung ist die halbe Miete
Für Thomas Tenberg sollten all diese möglichen Folgeschäden jedenfalls kein Thema sein. Deshalb ging er regelrecht generalstabsmäßig an sein Mercedes-Projekt heran, indem er bereits in der Planungsphase den örtlichen TÜV-Prüfer einbezog.
Ein harter Einschnitt: Thomas Tenbergs Mercedes Pickup startete sein Autoleben als T-Modell!
Welcher Mercedes solls denn sein: W123 oder W124?
Zuvor war natürlich die Frage zu klären, welches Mercedes-Modell eigentlich in die Obdachlosigkeit befördert werden sollte. Entsprechende Umbauten vom W123 kannte ich schon, berichtet der Kfz-Meister. Da ich nicht etwas nachahmen, sondern Neues kreieren wollte, kam ich auf den W124. Dieser Mercedes ist erschwinglich und dabei aber von enormer Robustheit und Qualität. Die ideale Ausgangsbasis für einen Extrem-Umbau.
T-Modell W124 als Basis
Ein geeignetes Bastelobjekt war in Form eines preiswert zu erstehenden Mercedes-Benz 230TE schnell gefunden. Nun zog Thomas Tenberg besagten TÜV-Prüfer hinzu und ging mit ihm die angedachten Modifikationen Punkt für Punkt durch. Diese Vorgehensweise würde ich jedem anraten, der ähnliches vorhat. Dann gibt es hinterher keine Probleme bei der Abnahme, sagt Thomas Tenberg. Trotz des grundsätzlichen TÜV-Segens schaute der Prüfer immer wieder mal in der Werkstatt vorbei, um den Fortgang der Arbeiten zu begutachten. Durch diese fortwährende Betreuung war die spätere TÜV-Abnahme dann tatsächlich reine Formsache.
Der Mercedes-Benz wird teilweise obdachlos
Sobald der TÜV den Plänen zugestimmt hatte, machte sich der Mercedes-Fan ans umfangreiche Werk. Zunächst wurde der Mercedes komplett ausgeräumt, um hernach die C- und D-Säulen zu kappen. Das Chassis erhielt von der B-Säule bis zum Heckabschluss verstärkende Vierkantrohre. Kreuze versteifen die geschweißten und verzinnten Hecktüren (gecleant). Die Konstruktion bürgt für höchste Stabilität, erläutert Thomas Tenberg. Da knarzt und knirscht nicht das Geringste.
"Spinnerei" mit historischen Vorbildern.
Kleinlaster hat es auf Basis von Mercedes-Mittelklasse Modellen übrigens (fast) schon immer gegeben. Sei es nun 170 V oder Strich-Acht. Letzterer war übrigens in Südamerika fast schon populär. Der hier gezeigte Pick-Up entstand bei der Firma Binz auf dem Fahrgestell eines Mercedes-Benz 220 D.
Happy End für den W124
Einzig an der Heckklappe gibts mit der exakten Passung manchmal Probleme, die sich jedoch mit etwas Feinjustage lösen lassen werden, gibt sich der Profi-Schrauber überzeugt. Bei jener Klappe handelt es sich übrigens um das Überbleibsel des einstigen Kofferraumdeckels, den Thomas Tenberg auf die neue Fasson zuschnitt. Zwei untere Scharnieren bilden die Gelenke für den Öffnungsmechanismus, der über einen hydraulischen Antrieb (vom Cockpit aus bedienbar) oder aber über einen in die Heckklappe eingearbeiteten Mikroschalter aktiviert werden kann.
Die Story vom Mercedes W 124 Pickup Umbau weiterlesen...
Eine Polo-Scheibe sorgt beim Mercedes für den Durchblick
Die Heckscheibe stammt von einem 2er Polo Steilheck. Thomas Tenberg: An dieser Lösung hatte ich ziemlich zu tüfteln, denn zunächst plante ich, den Dachabschluss mittels Dreieckfenster zu gestalten. Diese schräge Lösung gefiel mir dann stilistisch allerdings nicht so gut. Ein gerader Cut der Fahrgastzelle sieht in meinen Augen eben gefälliger aus. Also arbeitete ich die Fahrgastzelle wieder um. Allerdings musste die einzubauende Scheibe oben nun deutlich schmaler als an der Unterkante sein. Auf der Suche nach dem passenden Scheibeneinsatz wurde Thomas Tenberg dann schließlich auf den Polo Steilheck aufmerksam.
Das Schiebedach des Benz wird umfunktioniert
Da der Himmel ohnehin mit Blechen verstärkt werden musste, um den neuen Schiebedachmotor anbringen zu können, konnte Thomas Tenberg die neue Scheibe passgenau einrahmen. Das Schiebedach sollte wenigstens auf Hubstellung zu betreiben sein. Daher wählte ich als Antrieb den Motor eines Heckrollos, da dieser über einen Endanschlag verfügt.
Optische Extras für das verwandelte T-Modell
Über die drastisch veränderte Linienführung hinaus profitiert das Erscheinungsbild von einem BBS-Frontstoßfänger, dem Eigenbau-Heckstoßfänger und den angepassten Beplankungen der ersten Modellpflege.
Felgen vom Mercedes W210 Avantgarde
Das Fahrwerk erhielt eine komplette Überarbeitung. Im Zuge dieser Maßnahme tauschte Thomas Tenberg alle Streben und Lager aus. Eibach-Federn bringen den W124 auf ein sportives Niveau. Die Achsen sind mit den attraktiven 17-Zöllern des Mercedes-Benz W210 Avantgarde bestückt. Thomas Tenberg sattelt die Rundstücke mit 235/45er Niederquerschnittreifen von Dunlop (Sport Maxx).
Mysticblau verleiht dem Mercedes eine elegante Ausstrahlung
Über die passende Lackierung dachte Thomas Tenberg lange nach. Das Topping kann ein Projekt krönen oder aber auch total verhunzen, findet er. Auch war zu entscheiden, wie die Sacco-Bretter farblich gestaltet werden sollten. Kontrastig absetzen, oder aber in Wagenfarbe duschen?, lautete die Fragestellung. Schlussendlich gönnte Thomas Tenberg seinem W124 eine Komplettlackierung in Mysticblau (designo). Diese verleiht dem Pickup ein nobles Erscheinungsbild, so dass der Mercedes kein bisschen wie ein Lastesel, sondern vielmehr wie ein schicker Cruiser wirkt. Zudem harmoniert das Finish mit der lasierten Multiplex-Birke der Ladefläche.
Upsizing: Nunmehr treibt ein Sechszylinder den einstigen 230TE W124 an
Mittlerweile treibt ein implantierter 3.0-Liter Sechszylinder den Mercedes an. Das ursprünglich verbaute Vierzylinder-Aggregat produzierte einfach nicht genug Druck, kommentiert Thomas Tenberg die Organverpflanzung. "Der neue Motor ist hingegen schlichtweg top sowohl klanglich als auch leistungmässig", schwärmt der Steinfurter von den neuen Kraftverhältnissen zwischen den Stehwänden seines Benz.
Alcantara wertet das Mercedes-Interieur auf
Der Innenraum erfreut das Auge durch die luxuriös anmutende Alcantara-Verkleidung von Säulen und Himmel. Des Weiteren wertete der passionierte Schrauber die Ausstattung mit einem elektrischen Fahrersitz nebst Memory-Funktion auf. Zudem rüstete ich Einstiegsbeleuchtung und eine funkgesteuerte Zentralverriegelung nach, ergänzt Thomas Tenberg.
Der gute Ton
Die ansprechende Optik kombiniert Thomas Tenberg mit einer angenehmen Klangkulisse, die eine Alpine-Headunit, Xetex-Endstufe, 13er Lautsprecher von Audio System und Polk-Woofer sicherstellen.
Der Mercedes besticht mit tadellosem Handling
Dank der umsichtigen Planung und der Begleitung durch den TÜV bereitete die Abnahme des Umbaus schlussendlich keinerlei Probleme. Auch fahrtechnisch kann Thomas Tenberg nur Bestes vom Benz berichten. Trotz der zusätzlichen Verstärkungen hat der Wagen unterm Strich nicht an Gewicht zugelegt. Stattdessen ist mein Mercedes jetzt sogar um 40 Kilo leichter als das originale T-Modell. Vom Feeling her fährt sich der W124 daher wie ein ganz normaler Kombi.
Der Pickup-Mercedes W124 als Publikumsmagnet
Auf den Mercedes-Treffen ist Thomas Tenbergs Pickup natürlich ein viel beachteter Hingucker. Das Publikumsecho indes ist geteilt. Es gibt Leute die das Konzept nicht nachvollziehen können, weiß Thomas Tenberg zu berichten. Andere wiederum bekennen, dass das Projekt zwar nicht ihrem persönlichen Geschmack entspräche, zollen aber großen Respekt vor der handwerklichen Ausführung. Die Allermeisten finden den Wagen allerdings richtig toll. Wie auch immer aber das Urteil ausfällt: Thomas Tenberg kann mit sich und seinem Mercedes rundum zufrieden sein. Denn er pilotiert einen W124, wie es ihn ganz bestimmt kein zweites Mal gibt.
Text & Fotos: Mathias Ebeling
Mercedes-Fans Facts
Fahrzeugtyp: Pickup-Umbau auf Basis Mercedes-Benz 230TE (W124)
Baujahr: 1986
Motor: Nachgerüsteter Sechszylinder mit 2998 ccm, Leistung: 180 PS
Kraftübertragung: Fünfgang-Schaltgetriebe
Räder: 17er Mercedes-Benz W210 Avantgarde
Reifen: Dunlop Sport Maxx, 235/45-17 vo/hi
Fahrwerk: Dämpferbeine, Dreiecksquerlenker sowie separat angeordnete Schraubenfedern vorne. Raumlenker-Hinterachse mit Einzelradaufhängung hinten; Eibach-Federn rundum
Bremsen: Serie
Karosserie: Pickup-Umbau, BBS-Frontstoßfänger, Eigenbau-Heckstoßfänger, Schiebedach umgebaut, hydraulische Heckklappe, Beplankung (Mopf) angepasst, Lackierung in mysticblau (designo)
Sonstiges: Chassis im Heck verstärkt
Innenraum: Elektrischer Fahrersitz mit Memory, Himmel und Säulen mit Alcantara bezogen, beleuchtete Einstiegsleisten
Car-Hifi: Alpine-Headunit, Xetec-Endstufe, Lautsprecher von Audio System, Polk-Subwoofer
7 Kommentare
Mercedes-Fans.de
15. November 2011 00:48 (vor über 13 Jahren)
Mercedes190e
14. November 2011 21:27 (vor über 13 Jahren)
Benz-Fan
22. Februar 2011 15:14 (vor über 13 Jahren)
HanSchopp
18. Februar 2011 22:17 (vor über 13 Jahren)
Db16v
18. Februar 2011 13:36 (vor über 13 Jahren)
ScionTJ
18. Februar 2011 13:25 (vor über 13 Jahren)
Josh190E
18. Februar 2011 12:57 (vor über 13 Jahren)
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