Geschätzt, geliebt, gehegt und gepflegt: Damals wie heute steht der Mercedes-BenzW201 bei vielen Mercedes-Fans hoch im Kurs. Aus vielerlei Gründen. Automobilhistorisch erwarb sich der kleine Benz große Verdienste, weil er neue Modellsegmente und Kundenkreise für die Marke Mercedes erschloss. Neben Nostalgie und historischer Würdigung sind es aber auch ganz handfeste Pluspunkte, die für den Erwerb eines Mercedes-Benz 190 sprechen. Denn obwohl mittlerweile in die Jahre gekommen, ist der W201 schlichtweg ein richtig gutes Auto. Das weiß auch Antonios Toni Nalpantidis, der sich die Mühe machte, einen 92er Mercedes 190 nahezu komplett neu aufzubauen.
Mercedes gehört zur Familie
Wie so vielen Mercedes-Fans, so war auch Toni die Liebe zur Marke mit dem Stern gleichsam in die Wiege gelegt worden. Eigentlich finde ich Mercedes gut, seit ich zurückdenken kann, erinnert sich der heute 25-Jährige. Kunststück. Schon Vater Nalpantidis schwor auf das Aushängeschild automobiler deutscher Wertarbeit.
Das erste und einzig wahre Auto: Mercedes W201
Wen kann es da wundern, dass der allererste Wagen den Führerscheinneuling Toni mit 18 Jahren stolz pilotierte, selbstverständlich ein Mercedes-Benz war? Mein erstes Fahrzeug war ein 190er 2.0 Diesel mit 75 PS. Den Benz hatte ich von meinem Vater geschenkt bekommen. Diesen Mercedes habe ich fünf Jahre mit großer Begeisterung gefahren, um ihn schließlich schweren Herzens dann doch wegen der hohen Kilometerleistung zu verkaufen, erinnert sich der IT-Systemkaufmann.
Zurück zu den automobilen Wurzeln
Aus ökonomischen Überlegungen kaufte ich nun einen deutlich jüngeren Ford Fiesta, berichtet Toni weiter. Der Wagen hatte wenig gelaufen, und so würden erstmal keine größeren Reparaturen erforderlich sein, lautete meine Überlegung. Wie wusste aber schon Wilhelm Busch? Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Denn der Ford erwies sich zwar als wunschgemäßes Sparbrötchen, doch geizte der Kleinwagen eben auch mit Fahrfreude. Nach lediglich zwei Wochen wurde der Ford daher wieder verkauft, lautet Tonis ernüchternde Bilanz. Das Auto konnte in keinster Weise den Mercedes 190 ersetzen oder gar vergessen machen.
Für immer und ewig Mercedes 190
Jetzt war klar: Das nächste Auto sollte und musste wieder ein Mercedes-Benz 190 werden. Allerdings, so der Göppinger, war es gar nicht einfach, einen W201 mit der gewünschten Motorisierung und entsprechend hochwertiger Ausstattung zu finden. Schließlich aber wurde der Mercedes-Fan im Internet fündig.
Augen auf beim Autokauf!
3,2,1 Deins! In einem bekannten Auktionshaus kann man Schnäppchen ergattern oder auch übelst angeschmiert werden. Die Annonce las sich auch nicht unbedingt Vertrauen erweckend. Die Fotos waren von sehr schlechter Qualität, blickt Toni zurück. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht genau, worauf ich mich da tatsächlich einließ. Aber ich wollte diesen 190er unbedingt haben. Am Ende erhielt mein Gebot den Zuschlag. Und so machte ich mich zur Abholung der Neuerwerbung in das von Göppingen 500 Kilometer entfernte Düsseldorf auf.
With a little Help from my Friends...
Hmja, da ging der Mercedes-Fan aber nun wirklich ein ziemliches Risiko ein. Um die Gefahr eines Reinfalls wenigstens einigermaßen zu minimieren, bat Toni seinen guten Freund Paul Niemiec, ihn in die nordrheinwestfälische Hauptstadt zu begleiten, um den Mercedes vor Ort fachkritisch in Augenschein zu nehmen. Denn Freund Paul ist gelernter Kfz-Mechaniker.
Mangelnde Wartung hatte dem Mercedes schwer zugesetzt
Tja, wofür hat man schließlich gute Freunde!? Unter anderem auch dafür, harte Wahrheiten gesagt zu bekommen. Und davon gab es in Düsseldorf eine Menge für Toni. Denn der versierte Mechaniker fand reichlich Anlass für Kritik am arg lädierten W201. Der Mercedes befand sich in einem unglaublich schlechten Zustand, räumt Toni ein. Es gab eigentlich nichts, was noch irgendwie in Ordnung gewesen wäre."
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Der W201 entpuppt sich als Pflegefall
Der Motor splotterte, und die Zylinderkopfdichtung erwies sich als undicht. Außerdem war der Motorraum komplett verölt und das Getriebe klemmte. Inwendig stand es um den Mercedes nicht besser: Die Kabine war total verdreckt und hatte abgewirtschaftet. Die Sitzheizung war defekt, und die Klima lief gar nicht. Im Kofferraum hatte sich aufgrund von Wasseransammlungen reichlich Rost eingenistet, lautet die deprimierende Bestandsaufnahme. Die Annonce hatte das enorme Ausmaß des Reparaturbedarfs nicht erkennen lassen, aber Toni stand als Käufer nun mal im Wort. Und so wechselte der Mercedes den Besitzer.
Der W201 wird aufwändig restauriert
Die Begeisterung ob der Neuerwerbung hielt sich freilich in Grenzen, erinnert sich der Hobby-Bastler. Die Laune hob sich im Übrigen auch nicht, als der Mercedes nach Ankunft in Göppingen einer eingehenden Untersuchung unterzogen wurde. Mit kleineren Reparaturen hier und da würde der W201 jedenfalls nicht dauerhaft zu retten sein. Nun war vielmehr klar, dass der 190er komplett zerlegt werden musste, um ihn hernach von Grund auf wieder aufzubauen.
Der Mercedes-Motor erhielt eine komplette Revision
Ohne Paul Niemiec wäre die Restauration des Mercedes niemals möglich gewesen, stellt der W201-Fan die tatkräftige Unterstützung seines guten Freundes heraus. Unter der Regie des Schrauber-Experten wurde der Motor komplett zerlegt und mit allen erforderlichen Teilen aufwendig runderneuert.
Per Austauschgetriebe kommt der Mercedes wieder in zügig in die Gänge
Zylinderkopfdichtung, Einspritzdüsen, Zündkerzen, Zündverteiler, Wasserpumpe, Thermostat, Kühler, Keilriemen, Anlasser und so manches mehr wurden im Zuge dieser Instandsetzung ausgetauscht. Außerdem wechselte das schraubende Duo das Getriebe. Mit nun wieder säuselndem 2,6-Liter-Sechszylinder (160 PS) und ordentlich schaltendem Getriebe konnte man mit dem Mercedes endlich anständig fahren, blickt Toni zurück.
Ein neues Differential muss ebenfalls sein
Schon nach wenigen Wochen stellte sich allerdings heraus, dass auch das Differential gewechselt werden musste, wirft Toni ein. Dass darüber hinaus die Klimaanlage neu befüllt und der Kompressor sowie die Sensoren getauscht werden mussten, erscheint dagegen schon fast wie eine Nebensächlichkeit.
Gute Neuigkeiten für den Benz
Und das sollte es aber immer noch nicht gewesen. Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Arbeiten mussten auch die folgenden Parts ausgetauscht werden: Benzinpumpe, Fahrerspiegel, Zündschloss, Fensterheber-Schalter, Sitzheizungsschalter und Heckstoßstange. Zwecks Tieferlegung verbaute man ein H&R-Fahrwerk, das die Karosserie des 190ers um 40/40 mm tiefer legt. Zudem sind die Achsen mit attraktiven Leichtmetallrädern bestückt. Diese brachten ursprünglich mal ein C-Klasse Modell von Mercedes ins Rollen und sind in der Größe 7,5 x 17 ET35 dimensioniert. Bereift sind die Alu-Felgen mit Pirelli-Pneus in den Maßen 215/40 vorne und hinten.
Eine Komplettlackierung lässt den Mercedes in neuem Glanz erstrahlen
Da auch der Lack sehr unter dem Vorbesitzer gelitten hatte, haben wir uns nach sorgfältiger Vorbearbeitung der Karosserie für eine komplette Neulackierung entschieden, komplettiert Toni seinen Werkstattbericht. Bei Mercedes-Benz haben wir den W201 in der originalen Farbe (Bornit-Metallic) nochmals duschen lassen. Ferner ersetzen nunmehr Neuteile die beschädigten Front- und Heckscheiben.
Die Kabine des Mercedes wird ordentlich aufgemöbelt
Den Innenraum ließ Toni professionell aufarbeiten. Der Fahrersitz wurde mit dem beigefarbenen Leder der Original-Ausstattung bezogen und überdies die Mittelarmlehne durch eine Konsole mit Fach ersetzt. Nach dem das Auto nun wieder fast neuwertig hergerichtet war, verbaute der Göppinger noch eine neue Soundfabrik. Auch der Kofferraumausbau entstand in Eigenarbeit. Wie man sieht, kam hier etliches an Arbeitsstunden zusammen. Aber ich würde es jederzeit wieder tun, sagt Toni. Denn die Erhaltung eines Mercedes W201 ist jede Mühe wert.
Fotos: Antonios Nalpantidis
Text: Mathias Ebeling
Mercedes-Fans Facts
Fahrzeugtyp: Mercedes-Benz 190 2.6L (W201)
Baujahr: 1992
Motor: Reihensechszylinder, Hubraum: 2597 ccm, Leistung:
160 PS
Getriebe: Serie
Bremsen: Serie
Räder: Mercedes Benz C-Klasse, 7,5 x 17 ET35 vo/hi
Reifen: Pirelli P7 215/40-17 vo/hi
Fahrwerk: H&R-Federn, minus 40/40 mm
Karosserie: Grill im Avantgarde Look, Klarglasscheinwerfer, rotgetönte Rückleuchten, Neulackierung in Bornit-Metallic
Innenraum: Originale beigefarbene Lederausstattung, Mittelarmlehne mit Fach, Sitzheizung vorne, 4 x elektrische Fensterheber, beleuchtete Sonnenblenden, Klima,
ICE: Doppel-Din-Steuereinheit, Navigation, DVBT, Bluetooth, USB, SD, DVD Player, Endstufe, Subwoofer und Lautsprechersysteme von Alpine
Sonstiges: : Techart-Hutablage, Crunch-Kondensator, dezenter Kofferraumausbau mit zwei Ablagefächer, Rückfahrkamera
Dank an: Paul Niemiec für die großartige Unterstützung bei der Restauration
4 Kommentare
Dome
19. März 2012 09:21 (vor über 12 Jahren)
Mcdaimler
18. März 2012 17:37 (vor über 12 Jahren)
McDell
18. März 2012 10:07 (vor über 12 Jahren)
ToniGR
16. März 2012 13:12 (vor über 12 Jahren)
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