Der spektakuläre Mercedes 300 SL gilt völlig zurecht als automobile Legende. Denn mit seinen zahlreichen Siegen meldete sich die Marke Mercedes eindrucksvoll in der internationalen Rennsport-Szene zurück. 1954 erschien die Straßenversion des Sport-Coupés mit den charakteristischen Flügeltüren und 1957 der Roadster – zwar mit vorne angeschlagenen Türen, aber nicht weniger aufregend. Unser Fotomodell stammt von 1960. Sein Besitzer war kein Geringerer als Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der Lenker des weltbekannten Essener Stahlkonzerns.

Mercedes 300 SL: ein echter Siegertyp

Mit gute Platzierungen bei der Mille Miglia 1952 und Siegen bei der Carrera Panamericana sowie in Le Mans fuhr sich der Mercedes 300 SL im Eiltempo in die Herzen der Motorsport-Gemeinde. Selbst die 1954 vorgestellte Straßenversion war immer noch ein Vollblut-Sportler. Von einer Direkteinspritzung gefüttert, produzierte der 3,0-Liter-Reihensechszylinder 215 PS. Nicht wenige Zeitgenossen dürften aber vor allem der Faszination der Flügeltüren erlegen sein. Die Schwingen, ursächlich dem Gitterrohrrahmen und dem hohen Einstieg geschuldet, wurden zum Symbol für die technologische Innovationskraft der Marke Mercedes.

Der Roadster überzeugt die Tester mit neutraler Fahrcharakteristik

1957 stellt Mercedes die Roadster-Variante des Mercedes 300 SL vor. Fachzeitschriftren lobten das gegenüber dem Coupé verbesserte Fahrverhalten. Zitat aus der renommierten amerikanischen Zeitschrift Road & Track: “Mit der Eingelenk-Pendelachse und den Reifen mit besserer Haftung lässt sich das Fahrzeug (Anmerkung der Redaktion: der Mercedes 300 SL Roadster) in allen Situationen mühelos bewegen. Es ist eine gewaltige Verbesserung gegenüber dem Coupé festzustellen, welches bei rasanter Fahrt die unangenehme Art hatte, extrem zu übersteuern.“

Multitalent Mercedes 300 SL Roadster

Das Test-Fazit von Road & Track lautete: „Der 300 SL Roadster ist ohne Zweifel ein Fahrzeug mit einer Doppelfunktion. Er fühlt sich sowohl im normalen Straßenverkehr als auch auf der Rennstrecke zu Hause.“ Vor ebensolcher Energie und Tatkraft wie der Mercedes Sportwagen sprühte auch Alfried Krupp, der den gleichnamigen Stahlkonzern nach dem zerstörerischen Krieg wieder zu imposanter Größe aufbaute. Insofern fanden mit dem Mercedes 300 SL und Alfried Krupp zwei echte Leader-Typen und – jeder auf seine besondere Weise - hochgeachtete „Aushängeschilder“ des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders zusammen.

Schwarz auf Weiß belegte Fahrzeughistorie

Das originale von Alfried Krupp persönlich unterschriebene Bestellformular sowie zahlreiche weitere Dokumente sind sogar noch vorhanden und Bestandteil der lückenlosen Dokumentation zu diesem Mercedes, der zwischenzeitlich überhaupt lediglich zweimal den Besitzer wechselte.In 55 unfallfreien Jahren hat der unrestaurierte Mercedes mittlerweile 170.000 Kilometer zurückgelegt. Zur Originalausstattung zählen die beigefarbenen Leder-Bezüge, die geschmackvoll und stimmig mit der hellbraunen Lackierung harmonieren, und das kultige Becker „Mexiko“-Radio.

Roadster mit Rendite: Der Mercedes 300 SL beeindruckt mit beachtlicher Wertsteigerung

Seit 1980 wurde der Mercedes 300 SL Roadster nur noch für Oldtimerfahrten und andere Klassik-Veranstaltungen aus der behütenden Garage bugsiert. Akribisch gepflegt und gewartet, präsentiert sich der Roadster heute daher in einem excellenten Top-Zustand. Entsprechend stattlich ist der Schätzwert dieses außergewöhnliche Automobils. So siedeln Experten den Verkaufspreis in einem Korridor zwischen 900.000 und 1.200.000 Euro an. Seinerzeit hatte der Kaufpreis bei etwa 30.000 Mark (ca. 15.000 Euro) gelegen.

Text: Frank Ebeling

Fotos: Bonhams

32 Bilder Fotostrecke | Zwei stahlharte Profis: Erstbesitzer dieses 1960er Mercedes 300 SL war der Industrie-Baron Alfried Krupp #01 #02